26.01.2023 Woche 13
Der Tag startet schwierig, ich weiss nicht ob es das falsche Bein oder die Hormone sind, aber irgendwas brodelt da in mir. Ich weiß mir nicht anders zu helfen, als bei der nächsten Gelegenheit, die sich „Coffee bomb“ nennt einen Cappuccino in meine Tasse zu bestellen. Naja und dann ist da dieses lächelnde Stück Karottenkuchen. Was soll ich sagen, dafür wirft man doch gerne mal alle Vorsätze und guten Gewohnheiten über Board. Ferngesteuert bestelle ich das gute Stück noch dazu. Kaum zurück am Auto plagt mich auch schon das schlechte Gewissen. Das hätte ich jetzt echt nicht machen sollen. Da hat wohl wieder das unzufriedene Männlein in meinem Kopf eigenmächtig übernommen.

Okay, dann esse ich den Kuchen eben nicht direkt hier und jetzt um 8 Uhr morgens, sondern nehme mir vor, mich den ganzen Tag darauf zu freuen dieses optische Prachtstück mit weißer Cremehaube und Walnussstücken ganz gemütlich an einem wunderschönen Ort zur nachmittäglichen Kaffee- und Kuchenzeit zu essen, wie es sich gehört. Die braune Pappschachtel mit vielversprechendem Inhalt fährt also die ganze Zeit mit auf meinem Beifahrersitz. Bis zu den Milford Sounds. Jetzt aber! Bester Zeitpunkt um diese ganzen wundervollen Gebirgseindrücke mit einem Stück Kuchen zu feiern und dazu Kaffee zu trinken. Ich packe meinen Rucksack, suche mir eine kleine Tour entlang des Wassers, finde einen Traumort um zu geniessen und stelle fest, dass ich meinen neuen Kollegen im Auto vergessen habe.
Vor lauter Suchtstimme mal wieder das wesentliche aus den Augen verloren. Naja, aus den Augen aber eben nicht aus dem Sinn. Laufe ich die Runde zu Ende. Ehrlich gesagt biege ich sogar früher ab, um schneller bei meinem Liebsten zu sein. Zum Glück hat er da auf mich gewartet, wohl geborgen in seinem Karton. Okay, also, nun los. Kurze Fahrt zum nächsten kostenfreien Parkplatz mit einigermaßen angemessenem Ausblick, Kaffee eingeschenkt und ENDLICH Karottenkuchen. Mein Lieblingskuchen. Ich freue mich auf ein saftig, süßes Stück, mit cremigem Topping. Aber Aussehen ist eben nicht alles.

Und so muss ich feststellen, dass mich das Miststück geblendet hat. Den ganzen Tag hinter der Fassade der Schönheit versteckt sind die inneren Werte dann doch sehr enttäuschend. Trockene Süße. Ab und zu ein bisschen knackige Nuss. Mehr harter Zuckerguss als luftiges cremiges Häubchen. Trockene Krümel, statt saftige, fluffige Befriedigung.
Also, lass dich nicht blenden, lerne das Innere zu lesen. Und TROTZDEM. Wird es mir wahrscheinlich wieder so ergehen, im nächsten schwachen Moment. Obwohl ich es besser weiss und doch schon soooo viel gelernt hab vom Leben. Vielleicht würde ich es dann schon direkt morgens herausfinden, weil irgendwas in mir (möglicherweise dieses Unterbewusstsein, was die Enttäuschung und den Schmerz noch in sich trägt) wissen möchte auf was ich mich da einlasse. Und dann wäre die Katastrophe vielleicht abgewendet.
